Wer jetzt allein ist

Folge: 1059 | 21. Mai 2018 | Sender: MDR | Regie: Theresa von Eltz
Bild: MDR/Wiedemann & Berg/Daniela Incoronato
So war der Tatort:

Doppeldatend.

Denn die Dresdner Hauptkommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Henni Sieland (Alwara Höfels) begeben sich bei ihrem letzten gemeinsamen Einsatz auf gefährliches Terrain: Sie daten in Wer jetzt allein ist unter falschen Vorwänden zwei tatverdächtige Männer, von denen einer der Mörder in dieser Tatort-Folge sein muss.

Zu Beginn wird die Studentin Doro Meisner (Svenja Jung) brutal auf einem Parkplatz mit einem Kabelbinder erdrosselt – und weil die junge Frau sich unter dem Namen "Birdy" in der fiktiven Singlebörse "Lovetender" von Betreiber Thomas Frank (Bernd-Christian Althoff) einen Namen gemacht und vielen einsamen Männern den Kopf verdreht hat, melden sich Gorniak und Sieland kurzerhand selbst auf der Online-Plattform an, um die potenziellen Täter im Netz aufzuspüren. Sehr zum Missfallen ihres Chefs Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) natürlich, der zwar in die unvorschriftsmäßige Undercover-Aktion eingeweiht ist, als Verantwortlicher aber naturgemäß nur wenig davon hält.

Während sich die frisch von ihrem Freund getrennte Sieland in die Spießerwohnung von Einzelgänger Petrick Wenzel (Aleksandar Jovanovic, Gott ist auch nur ein Mensch) einlädt, trifft sich Gorniak mit dem attraktiven Unternehmer Andreas Koch (Daniel Donskoy) in dessen Villa – kann allerdings heilfroh sein, dass ihr Sieland beim vorherigen Online-Anbandeln Hilfestellung bietet. Ansonsten wäre dieses Date wohl nie zustande gekommen.


SIELAND:
Und der Typ... boom. Der Typ ist aber 'ne 10, du bist 'ne 8, 'ne.

GORNIAK:
Ich bin keine 8, Henni.

SIELAND:
Doch, auf dem Foto bist du 'ne 8. Du bist natürlich... du sprengst die Skala, eigentlich. Aber wenn man hier 'ne 8 ist, dann braucht man Selbstvertrauen, wenn man sich an 'ne 10 ranmacht.


Drehbuchautor Erol Yesilkaya (Hinter dem Spiegel) schrieb bereits die Bücher zu mehr als einem halben Dutzend toller Tatort-Folgen – zuletzt zu den überragenden Münchner Beiträgen Die Wahrheit und Der Tod ist unser ganzes Leben, zum auch atmosphärisch erstklassigen Wiesbadener Tatort Es lebe der Tod und zum brilliant arrangierten Berliner Meilenstein Meta.

An die Klasse dieser kreativen Geschichten reicht der 1059. Tatort allerdings ebenso wenig heran wie an den vielgelobten Dresdner Vorgänger Déjà-vu, weil der Filmemacher diesmal auf Nummer sicher geht: Wer jetzt allein ist bietet unter dem Strich wenig, was man in den letzten Jahren in der Krimireihe nicht schon in verschiedenen Variationen gesehen hätte.

Bei der Rahmenhandlung um die Gefahren von Dating-Portalen (die bereits 2014 im mittelprächtigen Kölner Tatort Wahre Liebe behandelt wurden) legt Yesilkaya den Finger auf der Puls der Zeit und sendet eine klare Botschaft, während die Ermittlerinnen sich wie schon so viele Tatort-Kommissare vor ihnen über die Anweisungen ihres Chefs hinwegsetzen und sogar mit Tatverdächtigen anbandeln – ganz neu ist das zweifellos nicht, glaubwürdig nur bedingt und konstruiert sogar ganz sicher.

Aber es ist eben auch verdammt unterhaltsam, was neben der überzeugenden Regie von Tatort-Debütantin Theresa von Eltz auch an den charismatischen Tatverdächtigen liegt: Sielands Date mit Muttersöhnchen Wenzel beginnt köstlich verkrampft und endet im Drama, während Gorniaks nackter Unterwasser-Liebeskampf mit Womanizer Koch zu den erotischsten Szenen der jüngeren Tatort-Geschichte zählt. Letztlich sind die zwei Männer zwar fleischgewordene Stereotypen und die Auflösung nur Formsache, doch durch die bissig-pointierten Dialoge, die steile Spannungskurve und die nötige Prise Humor fallen diese Schwächen am Ende nicht allzu stark ins Gewicht.

Dass vor allem in der ersten Filmhälfte häufig gelacht werden darf, geht auch auf das Konto von Kommissariatsleiter Schnabel: Dessen Babysitting bei Gorniaks aufmüpfigem Sohn Aaron ("Wir werden viel Spaß haben!") wirkt erst am Schluss etwas albern, als die Filmemacher es mit seiner neu entdeckten Liebe zum Hard Rock übertreiben.

Ansonsten hat man oft das Gefühl, dass sich das Team nach dem holprigen Start endlich gefunden hat: Die nervtötenden Streitereien der beiden Powerfrauen mit ihrem chauvinistischen Chef (vgl. Auf einen Schlag) und Schnabels Technikverweigerung (vgl. Level X) sind in Wer jetzt allein ist kein Thema mehr – und so ist es am Ende fast etwas tragisch, dass Alwara Höfels den Tatort aus Dresden wegen "unterschiedlicher Auffassungen zum Arbeitsprozess" und einem "fehlenden künstlerischen Konsens" bereits nach sechs Auftritten wieder verlässt und in Das Nest von Cornelia Groeschel beerbt wird.

Bewertung: 7/10

5 Kommentare:

  1. Die Darsteller nuscheln und der ganze Tatort spielte im Dunkel. Viele vorhersehbare Szenen.

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  2. Nach dieser Episode kann ich verstehen, dass Alwara Höfel dem Tatort den Rücken kehren wollte. Man kann nur inständig hoffen, dass die echte Polizei professioneller arbeitet. Dass Komissarin Gorniak (bewusst!) ein Techtelmechtel mit dem Mordverdächtigen hat ist jedenfalls sowas von unglaubwürdig, dass es fast körperlich weh tut.

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  3. So etwas von unglaubwürdig und lachhaft. Weiss gar nicht weshalb ich fertig geschaut habe.

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  4. Der schlechteste Tatort, den ich je gesehen habe. Unrealistisch, langsam und nicht durchdacht. Ich wundere mich sehr, wie sich die Folgen im Qualitätsniveau unterscheiden. Bin normal ein großer Fan und habe schon unfassbar viele alte Episoden nach geschaut.

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