Zeit der Frösche

Folge: 1053 | 2. April 2018 | Sender: SWR | Regie: Markus Imboden
Bild: SWR/Julia Terjung
So war der Tatort:

Erzieherfixiert.

Da ist zuallererst Hauptkommissarin Ellen Berlinger (Heike Makatsch), die sich nach ihrem ursprünglich als einmalig geplanten Tatort-Special in Freiburg hat versetzen lassen und nun wie ihre Vorgängerinnen Marianne Buchmüller (Nicole Heesters, in den 70er Jahren) und Hanne Wiegand (Karin Anselm, in den 80er Jahren) in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt auf Täterfang geht: Die alleinerziehende Berlinger ist mit ihrer kleinen Tochter Greta nach Mainz gezogen und parkt ihr Kind in bester Charlotte-Lindholm-Manier (vgl. Vergessene Erinnerung) in schöner Regelmäßigkeit bei ihrer Cousine Maja Ginori (Jule Böwe, Der König der Gosse) und deren Mann Enzo (Jan Messutat, Der letzte Patient), die in der Gutenberg-Stadt ein Restaurant betreiben und sich mit der Erziehung ihres hochbegabten Sohnes Jonas (Luis August Kurecki) ebenfalls schwer tun.

Dann ist da der geduldige Kindergärtner Bassi Mahler (Lucas Prisor, Wer Wind erntet, sät Sturm), der einen losen Flirt mit Berlinger beginnt und ein ums andere Mal von ihr versetzt wird, weil die vielbeschäftigte Kommissarin im Ermittlungsstress kaum Zeit für ihn und ihre Tochter findet.

Und nicht zuletzt die besorgten Eltern der verschwundenen 16-Jährigen Marie (Aniya Wendel, spielte ein ähnliches Love Interest in Fatih Akins Tschick): Olivia (Kathleen Morgeneyer) und Armin Blixen (Robert Schupp, Der Inder) erhalten ein Lösegeldschreiben, nachdem ein blutdurchtränkter Pulli in der Altkleidersammlung bereits erahnen lässt, dass ihre Tochter womöglich ermordet wurde.

Berlingers neuem Kollegen Martin Rascher (Sebastian Blomberg, Abgezockt), der zunächst auf einen Serienmörder tippt und schon bald eines Besseren belehrt wird, wird das irgendwann zu viel.


RASCHER:
Ich hab mal gehört, dass Frösche komplett abschalten, wenn es kalt wird. Sie legen sich still und warten, bis es Frühling wird. Manchmal wünschte ich, ich könnte das auch.


Sätze wie diese bleiben oft einfach im Raum stehen, erklären dem Publikum hier aber zumindest den seltsamen Krimititel: Zeit der Frösche. Ansonsten drehen Drehbuchautor Marco Wiersch (Rebecca) und Regisseur Markus Imboden (Am Ende geht man nackt) die Zeiger wieder auf Null, denn wer sich an Berlingers zwei Jahre zurückliegenden ersten Einsatz Fünf Minuten Himmel nicht mehr erinnert, muss sich nicht grämen: Im 1053. Tatort werden so gut wie keine Vorkenntnisse vorausgesetzt.

Bei den Nebenfiguren hat man dennoch das Gefühl, das alles schon mal gesehen zu haben: Mit dem schmierigen Italo-Gemüsehändler Sergio Cammareri (Roberto Guerra, Schwanensee) gibt es einen Klischee-Mafiosi aus dem Bilderbuch, die von Jonas und seinem einzigen Kumpel Max Linner (Paul Michael Stiehler) begehrte Marie ist der Prototyp der arroganten Teenager-Göre und ihre steinreichen Eltern wohnen natürlich in einer seelenlos eingerichteten Glasvilla, in der man wahrscheinlich vom Fußboden essen könnte.

Auch die pausenlos telefonierende Berlinger tut sich nach ihrem wenig überzeugenden Debüt weiterhin schwer, beim Zuschauer Sympathiepunkte zu sammeln: Mit der Betreuung ihrer Tochter wirkt sie überfordert und beim Verhör des weggetretenen Junkies Bert Hartl (Karsten A. Mielke) lässt sie sich sogar zu einer Kurzschlussreaktion hinreißen.

Mit dem hochbegabten Jonas liefern die Filmemacher allerdings auch eine wirklich interessante Figur – zum Seelenleben des oft apathisch wirkenden Kindes ("Vielleicht schottet er sich ab gegen den Wahnsinn da draußen.") dringen wir aber nie ganz durch, weil das Drehbuch den Kleinen pausenlos kluge Sätze mit möglichst vielen altersungerechten Formulierungen aufsagen und im Mittelteil für lange Zeit von der Bildfläche verschwinden lässt. Tatort-Kenner wissen, dass der Weg zur Auflösung damit nur über Jonas führt, zumal der Kreis der Verdächtigen in diesem Tatort sehr überschaubar ausfällt.

So rettet auch der Showdown den ruhig und routiniert inszenierten Krimi angesichts der erzählerischen Schwächen nicht ins solide Mittelmaß, zumal die Entstehungsgeschichte des Verbrechens in Zeiten von Smartphones und Internet an der Realität vorbeigeht und eher wie eine künstlich dramatisierte Eis am Stiel-Variation daherkommt.

Der zweite Sonntagskrimi mit Ellen Berlinger fällt damit nur leicht überzeugender aus als der erste – und wird seinem ohnehin sehr zweifelhaften PR-Label "Tatort-Special" zu keinem Zeitpunkt gerecht.

Bewertung: 4/10

2 Kommentare: