Borowski und das Meer

Folge: 906 | 30. März 2014 | Sender: NDR | Regie: Sabine Derflinger
Bild: NDR/Christine Schröder
So war der Tatort:

Maritim.

Borowski und das Meer spielt nämlich zu großen Teilen am, auf und sogar unter dem Wasser: Hauptkommissar Klaus Trophobie, pardon, Klaus Borowski (Axel Milberg) begibt sich in einer engen gelben Taucherkugel auf Tauchstation – und entdeckt in Abwesenheit seiner Kollegin Sarah Brandt (Sibel Kekilli) auf dem Meeresgrund den entscheidenden Hinweis zum Tathergang.

Krimierprobte Zuschauer, die pünktlich eingeschaltet und die Anfangsminuten nicht im Halbschlaf verbracht haben, wird dieser Twist nach einer Dreiviertelstunde allerdings kaum noch überraschen: Drehbuchautor Christian Jeltsch (Puppenspieler) platziert bereits in der Einleitung unübersehbare Hinweise auf Borowskis späteren Unterwasserfund.

Eine Firmenfeier an Bord eines Schiffes, der auffallend nervöse Jurist Jens Adam (Andreas Patton, Tod auf dem Rhein), der nach einem Schuss aus der Dunkelheit kopfüber ins Meer stürzt: Spätestens als sein vermeintlicher Torso mit einem bis zur Unkenntlichkeit entstellten Gesicht angespült wird, dürfte auch dem Letzten klar sein, warum Adam zur Firmenfeier seines Arbeitgebers – dem profitgierigen Marex-Konzern – ohne Vollbart erschienen ist und seine schicken Lederschuhe vor Betreten des Schiffs gegen denkbar unpassende Gummistiefel eingetauscht hat.

Borowski und das Meer fällt gerade im Vergleich zum überrragenden Vorgänger Borowski und der Engel überraschend vorhersehbar aus – daran ändert auch der Gastauftritt von Bestseller-Autor Frank Schätzing nichts, wenngleich dieser bei weitem nicht so peinlich ausfällt wie der einiger Promi-Kollegen vor ihm.


BOROWSKI:
Kenn ich Sie?

SCHÄTZING:
Nur wenn Sie Krimis mögen!


Regisseurin Sabine Derflinger, die für ihren harten Wiener Tatort Angezählt mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde, inszeniert einen unterhaltsamen, aber nie wirklich spannenden Öko-Krimi zum Thema Meeresausbeutung, der selten mit den zuletzt oft erstklassigen Folgen aus der Fördestadt mithalten kann.

Wirklich prickelnd wird es nur, wenn Marex-Sicherheitschef Fred Pollack (Aleksandar Tesla) ins Geschehen eingreift – dass der Profikiller mit der eigenwilligen Himmler-Frisur beim Showdown meterweit daneben schießt, nachdem er in Seelenruhe auf Borowski angelegt hat, mag man ihm mit Rücksicht auf das Nervenkostüm des Publikums nachsehen.

Neben der Spannung fehlt es Borowski und das Meer – ungewöhnlich für den Kieler Tatort, in dem die Mischung zuletzt immer stimmte – auch an Humor: Stimmungskanone Roland Schladitz (Thomas Kügel), der sich in Borowski und der Engel versehentlich in den Fuß schoss, fehlt schmerzlich, so dass die ganz großen Lacher trotz der gewohnt subtil eingeflochtenen Ironie ausbleiben.

Immerhin: Das tragische Finale in einer Waldhütte entschädigt für einige Längen im Mittelteil und auch die drei Nebendarstellerinnen Karoline Eichhorn (Klassentreffen), Florence Kasumba (Tod einer Lehrerin) und Nicolette Krebitz (Alles hat seinen Preis) machen als gewinnorientierte Chefin, umweltschützende Liebhaberin und hintergangene Gattin einen soliden Job.

Schwächeln tut dafür Hauptkommissarin Sarah Brandt: Das Drehbuch nötigt sie zu seltsamen Dialogzeilen ("Der Täter müsste zwischen 1,70 und 1,75 Metern gewesen sein, wenn er sich nicht hingekniet hat."), und außer fleißiger Tablet-Wischerei und einem Videoflirt mit einem neuseeländischen Kollegen hat die smarte Epileptikerin diesmal wenig beizutragen.

Ihre Krankheit wird zudem so ausführlich ausgebreitet wie in keinem anderen Kieler Tatort: Borowski erkundigt sich permanent nach ihrem Wohlbefinden, um dann in einer Notsituation nach einer Verfolgungsjagd plötzlich den Ahnungslosen zu geben ("Was ist denn mit Ihnen?"). Hä?

Bewertung: 6/10

3 Kommentare:

  1. Mit einigen Schwachpunkten gehe ich mit (Zielprobleme des Killers am Ende, Überbetonung der Epilepsie), und ich fand auch den Auftritt von Schätzing daneben. Aber der Tatort hatte in meinen Augen ne tolle Atmosphäre. Eben weil er mal keine Action hatte. Dafür gab es tolle Bilder, von der Förde und von Laboe; letzteres hatte ich noch nie gesehen. Und ne Tauchfahrt ist auch dabei, wie bei Bond! Also von mir vielleicht mehr als ne 6, auch wenn ich mich mal wieder nicht festlegen mag.

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  2. Spon nennt den Film "bleischwer". Na ja, dann ist "For your eyes only" (80er-Bond) auch bleischwer. Mir scheint, das ist keine sinnvolle Kategorie.

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  3. Eine perfekte Kritik, dem gibt es nichts hinzuzufügen! Tolle Atmosphäre, interessanter Plot mit vielen Schwächen, extrem enttäuschende Sarah Brandt. Solide: 6/10.

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