Allmächtig

Folge: 890 | 22. Dezember 2013 | Sender: BR | Regie: Jochen Alexander Freydank
Bild: BR/hager moss film GmbH/Bernd Schuller
So war der Tatort:

Anklagend.

Denn Regisseur und Oscargewinner Jochen Alexander Freydank, der nach dem Kriegsheimkehrer-Krimi Heimatfront zum zweiten Mal für einen Tatort am Ruder sitzt, und die drei Drehbuchautoren Harald Göckeritz, Gerlinde Wolf und Edward Berger holen in Allmächtig zum großen Rundumschlag aus – doch nicht etwa gegen seichten ZDF-Schund wie Das Traumschiff oder gebührenfinanzierte ARD-Soaps wie Verbotene Liebe, sondern gegen Reality-Formate, die im Privatfernsehen des Jahres 2013 das Programm dominieren und vermeintlich realistische Einblicke in den Alltag bildungsferner Schichten gewähren. 

Böse Privatsender!

Ähnlich simpel und einseitig wie bei dieser pauschalen Anklage verfahren die Filmemacher bei ihrer Figurenzeichnung: Klischees und Schwarz-Weiß-Malerei, wohin man blickt. Es gibt die Guten – die bedauernswerten, bloßgestellten Opfer – und natürlich die Münchner Hauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl). Und es gibt das Böse, das sich in Allmächtig in einer einzigen Person, dem fleischgewordenen TV-Teufel Albert A. Anast (Alexander Schubert), konzentriert. 

Der arrogante und skrupellose Entertainer, der den Satan als Anagramm im Nachnamen trägt und in den Türcode seiner sündhaft teuer eingerichteten Wohnung die Zahlen "666" unterbringt, scheut für ein paar mehr Videoklicks im Netz keine moralischen Hindernisse, führt seine Mitmenschen reihenweise vor der Kamera vor und kann vom Zuschauer eigentlich nur abgrundtief verachtet werden. Dann ist er plötzlich verschwunden – und eines seiner Opfer tot.

Man muss kein großer Prophet sein, um zu erahnen, dass der selbsternannte Entertainer den Mord an der Messi-Finanzbeamtin Maria Kohlbeck (Katja Brenner), die Zuflucht bei Pfarrer Fruhmann (Ernst Stötzner, Heimspiel) und Pater Rufus (Albrecht Schuch) gesucht hatte, nicht begangen hat. Schnell ist die zweite Leiche gefunden – und wenn der Tatort Allmächtig heißt, dann ist es so sicher wie das Amen in der Kirche, dass der Weg zur Auflösung der Täterfrage nur über Gesangsbuch und Weihwasser führt.

Batic und Leitmayr, die 2011 in Ein ganz normaler Fall bereits zu einem spannungsarmen Crashkurs in Sachen Judentum genötigt wurden, lernen bei ihrem 66. gemeinsamen Einsatz neben dem beinharten Konkurrenzkampf innerhalb einer TV-Produktionsfirma auch viel Neues über angestaubte Exorzismuspraktiken aus dem Mittelalter, die sich bis in die deutsche Gegenwart gehalten haben. Spaß machen aber eher die bissigen One-Liner von Batic ("Auf was für Ideen man kommt, wenn man keinen Sex hat.") und die verbitterten Kommentare der gefrusteten Anast-Kollegin Ines Lohmiller (Claudia Hübschmann), die dem Erfolgsmoderator genauso wenig Tränen nachweint wie der Rest seiner Mitmenschen.

Zu denen zählt auch der Mörder, der im furchtbar konstruierten Finale in letzter Sekunde von den Kommissaren vor dem sicheren Flammentod bewahrt wird und den Krimi mit unfreiwillig komischen Monologen endgültig die Bodenhaftung verlieren lässt. Allmächtiger! Einen so enttäuschenden Tatort gab es aus München seit Jahren nicht mehr. Da rettet auch der Gastauftritt des früheren Saarbrücker Tatort-Kommissars Gregor Weber (letzter Auftritt im Meilenstein Verschleppt) am Ende wenig.

Bewertung: 4/10

2 Kommentare:

  1. Münchner "Tatort": pfui Teufel!
    Verschont uns vor so einem Mist - kichenfeindlich - und das vor Weihnachten!

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    1. Genau, vor Weihnachten darf man nicht kirchenkritisch sein!

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