Hochzeitsnacht

Folge: 843 | 16. September 2012 | Sender: Radio Bremen | Regie: Florian Baxmeyer

Bild: Radio Bremen/Jörg Landsberg
So war der Tatort:

G-g-g-ganz schön laut.

Beim 21. gemeinsamen Einsatz von Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) wird nämlich weniger ermittelt und fieberhaft nach Tätern gefahndet, sondern vor allem zweierlei: gestottert und gebrüllt.

Bei einer Hochzeitsfeier auf dem Land gerät die Bremer Hauptkommissarin samt Hochzeitsgesellschaft unverhofft in die Gewalt von Geiselnehmern – genauer gesagt in die Hände von Wolf (Denis Moschitto, Romeo und Julia) und seinem durchgeknallten Partner Simon (Sascha Reimann). Reimann, Crew-Mitglied der Party-Rapper Deichkind (Leider geil) und besser bekannt unter seinem Ex-Pseudonym Ferris MC (bekannt geworden durch den Rap-Hit Reimemonster), erinnert mit seiner eindrucksvollen schwarzen Maske ein wenig an den mächtigen Bane, der Batman im jüngsten Kino-Kracher The Dark Knight Rises schmerzhafte Lektionen erteilte.

Und macht seine Sache überraschend gut: Stets auf der Grenze zum Over-Acting wandelnd, braucht sich der extrovertierte Musiker eigentlich nur selbst zu spielen. Gut gebrüllt, Ferris – aber leider schlecht gebrüllt, Drehbuch. Autor Jochen Greve, der unter anderem auch das Script zum sehenswerten Stedefreund-Debüt Eine unscheinbare Frau beisteuerte, liefert mit Hochzeitsnacht ein erschreckend schwaches Drehbuch ab, bei dem ein Logikloch das nächste jagt und der Zuschauer bis zum Abspann vergeblich auf überraschende Momente hofft.

An Handynetz-Ausfälle hat man sich als leidgeprüfter Tatort-Zuschauer ja längst gewöhnt, dennoch seien – stellvertretend für unzählige – drei Beispiele genannt, die es spätestens nach einer knappen Stunde unzumutbar machen, sich weiter ernsthaft mit der hanebüchenen Geschichte, die Florian Baxmeyer (Der illegale Tod) inszenieren muss, auseinanderzusetzen.
  1. Lürsen schickt Stedefreund, der sich einleitend davongestohlen hat, um in Boxer-Shorts ihren Hund wiedereinzufangen, eine Bluetooth-Nachricht. Von der Toilette aus, über eine Distanz von rund 100 Metern, durch dicke Mauern hindurch. Klingt nach James Bond – im 843. Tatort schon heute Realität.

  2. Geiselnehmer Simon fordert lautstark einen Fluchtwagen, egal was für einen, "Hauptsache er fährt". Dass vor der Gaststätte zahlreiche vollgetankte Autos der gefangenen Geiseln praktisch abfahrbereit warten, übersieht er im Eifer des Gefechts.

  3. Die gut drei Dutzend Geiseln werden von zwei Geiselnehmern in Schach gehalten, die vorübergehend minutenlang den Raum verlassen. Absprachen? Fluchtversuche? Mitnichten. Brav wird gewartet, bis Wolf und Simon wiederkommen, wild herumbrüllen und Hochzeitstorten durch die Gegend werfen.
Derweil vegetiert draußen Stedefreund mit einer Handvoll Kollegen, die binnen Minuten eine mobile Einsatzzentrale in einem Zelt aufgebaut haben, vor sich hin und wartet seelenruhig auf Verstärkung.

Wie gut, dass die Zeit mit dem Verhör einer cleveren Zeugin ("So sieht doch kein Mörder aus."), die sich beim Ausführen ihres Hundes in die Einsatzzentrale verirrt, überbrückt werden kann.

Bewertung: 2/10

1 Kommentar:

  1. Die Kritik sollte sich besser ausschließlich gegen Drehbuchautor und den !!!grausamen!!! Einsatzleiter richten.

    Ferris hat einen absolut astreinen Job gemacht und selbst die Bremer Schlaftabletten waren dieses mal unverhofft frisch.

    Wurden den Geiseln eigtl. Funktelefone etc. abgenommen? Habe nur 2 Ketten gesehen :)

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