Verschleppt

Folge: 825 | 22. Januar 2012 | Sender: SR | Regie: Hannu Salonen
Bild: SR/Manuela Meyer
So war der Tatort:

Klaustrophobisch.

Der siebte und letzte Einsatz des Saarbrücker Ermittlerduos Franz Kappl (Maximilian Brückner) und Stefan Deininger (Gregor Weber) ist zugleich ihr bester – und bis heute eine der spannendsten Tatort-Folgen überhaupt.

In Verschleppt stimmt einfach alles: Das clevere Drehbuch, für das der Fall Natascha Kampusch Pate stand (ähnlich wie später in der starken Konstanzer Folge Rebecca) und das den Zuschauer bis zur letzten Minute an den Fernsehsessel fesselt, eine zur Thematik passende, sterile Optik mit trist-blauen Farbfiltern, ein glänzend aufgelegter Gregor Weber, der im 825. Tatort endlich einmal zeigen darf, was schauspielerisch in ihm steckt, und eine verbittert-aggressive Grundstimmung, die sich von der ersten bis zur letzten Sequenz durch den Krimi zieht und gleich mehrfach in Wutausbrüchen und Handgreiflichkeiten unter Kollegen gipfelt.

Verschleppt ist ein hochemotionaler, anstrengender Adrenalin-Trip, der vor allem das zartbesaitete und jüngere Tatort-Publikum auf eine ernste Belastungsprobe stellt. Die bemerkenswert finsteren Gruselsequenzen im Kellerverlies wecken nicht von ungefähr Erinnerungen an Gore Verbinskis Horror-Meisterwerk The Ring, in dem ein langhaariges Mädchen im weißen Nachthemd für das Grauen in Kindergestalt verantwortlich zeichnet. Abgegriffene Schockmomente bleiben dabei erfreulicherweise die Ausnahme: Regisseur Hannu Salonen (Tango für Borowski), der nach Bittere Trauben und Hilflos bereits zum dritten Mal einen Tatort mit Kappl und Deininger inszeniert, lässt vor allem beklemmende Bilder sprechen.

Das Drehbuch von Khyana el Bitar (Das namenlose Mädchen) und Dörte Franke steht der herausragenden Regie qualitativ in nichts nach: Vor allem der überraschende, ja fast groteske Wendepunkt, den das Skript nach exakt einer Stunde für das Publikum bereit hält, sorgt dabei für eine ganz andere Art von Gänsehaut als das Grauen im feuchten Keller, das das Blut des Zuschauers immer wieder aufs Neue gefrieren lässt.

Ein besonderes Kompliment ist dabei Jungschauspielerin Mathilde Bundschuh (Klingelingeling) zu machen, die das Publikum als zutiefst verstörte Gefangene mit grausam-klaustrophobischem Schicksal schlichtweg fassungslos zurücklässt. Der Cameo-Auftritt von Harald-Schmidt-Sidekick Manuel Andrack, der bereits in Heimatfront als Kneipenwirt zu sehen war, bleibt da allenfalls Randnotiz.

Angesichts der Klasse dieser herausragenden Tatort-Folge und der Top-Form der Saarbrücker Kommissare ist es eigentlich kaum zu begreifen, dass der Saarländische Rundfunk Maximilian Brückner und Gregor Weber alias Kappl und Deininger schon nach sieben gemeinsamen Fällen wieder in den Ruhestand schickte – traurige Folge dessen war Anfang des Jahres 2012 eine mediale Schlammschlacht, die am Prädikat "Meilenstein" für diesen faszinierenden Tatort wenig ändert.

Bewertung: 10/10

1 Kommentar:

  1. Hey Leute,

    bisher habe ich immer gut auf eure Seite vertrauen können. Aber hier ging alles daneben.
    Ich mag Krimis und ich mag gute Horrorfilme, ich war also nicht voreingekommen. Aber dieser Tatort war so dermaßen Sch****!
    Richtig mies gespielt, richtige flache Story, schlechter Schnitt, keine Atmosphäre. Das hat am Fremdschämen gegrenzt. Dieser Film hätte bei mir keine 3 Punkte erhalten.

    Hier muss bei euch irgendwas durcheinander gekommen sein. Ganz objektiv können die 10 Punkte nicht stimmen.

    Sorry & Grüße!

    AntwortenLöschen