Der Tote im Nachtzug

Folge: 817 | 20. November 2011 | Sender: HR | Regie: Lars Kraume
Bild: HR/Lars Kraume
So war der Tatort:

Konsequent.

Wurden die neuen Frankfurter Hauptkommissare Frank Steier (Joachim Król) und Conny Mey (Nina Kunzendorf) bei ihrem Debüt in Eine bessere Welt von den Filmemachern charakterlich bereits grob skizziert, legt Regisseur und Drehbuchautor Lars Kraume, der erneut für den HR am Ruder sitzt, seine Karten nun endgültig offen.

Steier charakterisiert der Filmemacher als heimatlosen Spießbürger mit Neigung zum Feierabend-Rotwein, lässt ihn auf dem Sofa seines Dienstzimmers schlafen und ungeduscht in Besprechungen erscheinen.

Kollegin Mey darf im Vergleich zum Vorgänger sogar noch einen draufsetzen: Definierte sich ihr Sex-Appeal in Eine bessere Welt noch vorwiegend über Äußerlichkeiten, entlarvt Kraume die Hobby-Kickboxerin in Der Tote im Nachtzug nun als umtriebige Frau für eine Nacht. Steiers Kollegin erscheint wie selbstverständlich in türkisen Hot Pants am Tatort und stiefelt in knappen Outfits durchs Frankfurter Rotlichtmilieu, die sie kaum nennenswert von den leicht bekleideten Bordsteinschwalben abheben.


STEIER:
Wo ist denn Ihre Hose!?


Überspitzt gesagt: Steier, der unrasierte Trinker, und Mey, die opportunistische Schlampe mit derbem Vokabular – ein echter Neuanfang für den Tatort in der Bankenmetropole.

Kraume selbst sieht seine Figur als weibliches Pendant zu Horst Schimanski – ein bisschen weniger Girlie-Anleihen, und es fehlt bis zum Kult-Kommissar der 80er und 90er Jahre tatsächlich nicht mehr viel.

Die Nuss, die Steier und Mey bei ihrem zweiten gemeinsamen Einsatz zu knacken bekommen, erweist sich dabei als eine harte: Während der Medikamentenschmuggel, der die Ermittler in höchste Bundeswehrkreise führt und zur Zusammenarbeit mit dem Feldjäger Thomsen (Benno Fürmann, Klassen-Kampf) zwingt, unverbrauchten Erzählstoff liefert, erinnert der Leichen-Fundort im abgeschotteten Zugabteil entfernt an Agatha Christies britischen Krimi-Klassiker Mord im Orient-Express.

Zwar erreicht die überraschende Auflösung nicht die Brillanz Christies, fleißig mitgerätselt werden darf aber dennoch. Und die Konsequenzen, die Steier und Mey unisono daraus ziehen, unterstreichen, dass das Duo fröhlich auf Dienstvorschriften pfeift.

Ganz wie Schimanski eben.

Bewertung: 8/10

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