Rückspiel

Folge: 514 | 10. November 2002 | Sender: WDR | Regie: Kaspar Heidelbach
Bild: WDR/M. Böhme
So war der Tatort:

West-östlich. 

Zum zweiten Mal in der Geschichte des Krimireihe fahnden nämlich zwei Ermittlerpärchen unter der Regie von Kaspar Heidelbach (Willkommen in Köln) zusammen nach dem Mörder – und zwar dieselben wie beim ersten Mal, als die Leipziger Hauptkommissare Bruno Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd Michael Lade) in Quartett in Leipzig Seite an Seite mit den Kölner Kollegen Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) in der sächsischen Großstadt hinter die Kulissen einer nach strengen Regeln lebenden studentischen Bruderschaft blickten. 

Zwei Jahre nach dem ersten Beschnuppern gibt es das Rückspiel in Köln – und das beginnt eine ganze Ecke furioser als der vergleichsweise ruhige Auftakt des Vorgängers aus dem Jahr 2000. Ballauf und Schenk werden zu einer Schießerei an einer Tankstelle gerufen – und wenige Minuten später muss sich Kain, der nach einer ausgedehnten Beschattungsaktion über die Autobahn nach Köln fleißig im Kugelhagel mitgemischt hat, in Handschellen gegenüber Ballauf erklären. 

Das Wiedersehen der beiden Ermittler steht exemplarisch für die clevere Strategie, mit der Drehbuchautor Wolfgang Panzer (Sag nichts), der auch am Drehbuch zu Quartett in Leipzig mitschrieb, in Rückspiel verfährt: Er schickt die vier Kommissare nicht etwa als Gruppe auf Tätersuche, sondern splittet das Quartett in gemischte Doppel. Während Kain zumeist mit Ballauf unterwegs ist, ermittelt Ehrlicher, der erfahrenste der vier Kommissare, Seite an Seite mit dem Ur-Kölner Freddy Schenk.

Diese Aufteilung ist gewiss kein Zufall: Während Schenk im Gegensatz zu seinem zugezogenen Kollegen Ballauf aus vollster Überzeugung die rheinischen Sitten und Bräuche vorlebt und Ehrlicher humorvoll an die Kultur in der Domstadt heranführt, kontert Bilderbuch-"Ossi" Ehrlicher die hämischen Provokationen seines westdeutschen Kollegen routiniert mit viel Selbstironie. Den Gipfel dieser köstlichen Sticheleien bildet eine gemeinsame Trabi-Fahrt, die beim Zuschauer sofort Erinnerungen an die kultige DDR-Komödie Go Trabi Go wecken dürfte und im letzten Filmdrittel auf der Schwelle zum Klamauk gerade noch rechtzeitig kehrtmacht. In Sachen Humor setzen die Filmemacher im 514. Tatort also im Vergleich zu Quartett in Leipzig noch eine Schippe drauf, reduzieren die Geschichte aber diesmal effizient auf einen Kernstrang der Handlung.

Rückspiel ist damit deutlich sehenswerter als die späteren Nachfolger Kinderland und Ihr Kinderlein kommet, in denen Ballauf und Schenk 2012 gemeinsam mit den Leipziger Nachfolgern Keppler und Saalfeld auf Täterfang gehen. Auch die Nebendarsteller, die in Sachen Prominenz vom späteren Good Bye Lenin!-Star Kathrin Saß (Tod einer Heuschrecke) in der Rolle der unterkühlten Kunsthistorikerin Annette Baumann angeführt werden, agieren durch die Bank zu überzeugend. 

Damit ist Rückspiel ein würdiger Nachfolger von Quartett in Leipzig und wie schon der Vorgänger einer der stärksten Fälle der Leipziger Kommissare Ehrlicher und Kain und der Kölner Kommissare Ballauf und Schenk.

Bewertung: 9/10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen