Schrott und Totschlag

Folge: 490 | 6. Januar 2002 | Sender: SWR | Regie: Jürgen Bretzinger
Bild: SWR/Krause-Burberg
So war der Tatort:

Schrottreif. 

Der 16. gemeinsame Einsatz des beim Fernsehpublikum nach wie vor beliebten Ermittlerduos Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Mario Kopper (Andreas Hoppe) ist eine dieser Ludwigshafener Folgen, die so ziemlich alles auf den Punkt bringt, was die zahlreichen Kritiker der beiden seit jeher auf die Palme bringt: Schrott und Totschlag strotzt vor Dialogen zum Fremdschämen, seichten WG-Momenten, witzfreien Versuchen von Situationskomik und langatmiger Ermittlungsarbeit, die mehr auf Zufall als auf cleveren Verhörmethoden und akribischer Indizienauswertung basiert. 

Hinzu kommt eine Kriminalgeschichte, der das Wort hanebüchen fast noch schmeichelt: Drehbuchautorin Dorothee Schön, die mit Der Wald steht schwarz und schweiget später für einen weiteren Katastrophen-Tatort aus der Stadt am Rhein verantwortlich zeichnet, pappt lieblos Klischees, schicksalhafte Begegnungen und abgegriffene Standardmomente aneinander. 

Dabei dreht sich alles um einen pädophilen Schwimmtrainer: Bertram Nock (René Hofschneider, Trübe Wasser) fasst die Tochter seiner anfangs verreisten Freundin Sylvia (Nina Hoger, Lastrumer Mischung) immer ein paar Sekunden zu lang an, studiert mit gierigem Blick die Videoaufnahmen schwimmender Grundschulmädchen und versucht vergeblich, das aufgeweckte Roma-Mädchen Giri (Romi Maria Goehlich) zu vergewaltigen. 

Ansonsten erfährt der Zuschauer nichts über den Pädophilen: Der kranke Typ steht nun mal auf kleine Mädchen, das muss reichen, um ihn einzuordnen. Zumindest in der Welt der Lena Odenthal, die ihr Urteil längst gefällt hat, als man Giris Leiche findet und ihr tödlicher Sprung in den Rhein das Resultat eines Sexualverbrechens zu sein scheint. Es hagelt plumpe Stammtischparolen, die ihren späteren Tatort-Kollegen Til Schweiger (Willkommen in Hamburg) – man denke an dessen peinlichen Rundumschlag bei Markus Lanz – zwar bestätigen, mit einer seriösen und differenzierten Aufarbeitung der Thematik aber wenig zu tun haben. 


ODENTHAL:
Wer einmal ein Kind vergewaltigt, der macht das auch nochmal.


Auch was die Skizzierung der Sinti-und-Roma-Sippschaft angeht, bemüht Drehbuchautorin Schön nur das, was man vom Hörensagen über die Einwanderer zu wissen glaubt, und was sich gut mit der Spannungskurve vereinbaren lässt ("Meine Eltern sind Zigeuner - und die bringen dich um!"). "Zigeuner" drohen mit dem Messer, "Zigeuner" bleichen ihre Wäsche mit Chlor und "Zigeuner" fideln bei der Beerdigung der jüngsten Tochter schräge Geigentöne, bevor sie in ihre Wohnwagenkolonie zurückkehren und finstere Rachepläne schmieden. 

Da gerät es fast zur Randnotiz, dass in Schrott und Totschlag auch unabhängig von dieser Klischee-Offensive fast alles im Argen liegt: Schwimmtrainer Nock, der Schrottplatzbesitzer Karl Scherkamp (Paul Faßnacht, Höllenfahrt) im Affekt ersticht und in dessen eigener Schrottpresse zerstückelt, stellt sich dermaßen dämlich an, als würde er von den eine halbe Ewigkeit im Dunkeln tappenden Ermittlern geradezu verhaftet werden wollen. Die Mordwaffe wird liegen gelassen, dann in der eigenen Küchenschublade durch ein identisches Messer ersetzt und der Kassenbon in den Abfall geworfen, damit die Spurensicherung ihn bei der Hausdurchsuchung auch sicher eintütet. 

Und dann sind da noch die nervtötende Assistentin Edith Keller (Annalena Schmidt, "Man sacht ja auch: Dscheneräischn Golf") und Autonarr Kopper: Dessen roter Kult-Fiat ist nur noch wenige Stunden von seinem mit satter Wertsteigerung verbundenen Oldtimer-Status entfernt und endet natürlich wo? Na klar: auf dem Schrottplatz. 

Dort wäre dieser grottenschlechte Tatort ebenfalls gut aufgehoben.

Bewertung: 2/10