Weihnachtsgeld

Folge: 927 | 26. Dezember 2014 | Sender: SR | Regie: Zoltan Spirandelli

Bild: SR/Manuela Meyer
So war der Tatort:

Weihnachtlich.

Anders als der relativ zeitlos arrangierte Event-Tatort Die fette Hoppe, mit dem die Weimarer Hauptkommissare Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) 2013 einen Mediathek-Rekord aufstellten, ist Weihnachtsgeld nämlich ganz auf den Ausstrahlungstermin am 2. Weihnachtstag zugeschnitten: Ermittlungen auf dem Saarbrücker Christkindlmarkt, dampfender Glühwein und als Weihnachtsmänner verkleidete Taschendiebe, eine Weihnachtsfeier auf dem Präsidium, unerschütterliche Weihnachtshits in Endlosschleife, vor allem aber: die Weihnachtsgeschichte. Ja!

Auch sie hält Einzug ins Drehbuch von Michael Illner (Undercover Camping): Die hochschwangere Maria (Fanny Krausz) flüchtet aus dem Haus ihrer Schwiegereltern und will sich von Taxifahrer Josef (Florian Bartholomäi, Vielleicht), der mit dem Weihnachtsgeld seiner Kollegen durchgebrannt ist, nach Sizilien kutschieren lassen – doch schon nach wenigen Metern platzt Maria die Fruchtblase und die Gesuchten quartieren sich notgedrungen in einer leerstehenden Scheune ein. Kommt einem doch irgendwie bekannt vor, oder? Fehlen eigentlich nur noch die Hirten und die heiligen drei Könige – und letztere finden zumindest im Nachnamen von Bordellbesitzer Georg König (Gregor Bloéb) ihre Entsprechung.

Der aufbrausende Zuhälter ist allerdings alles andere als ein Heiliger: König ist als Figur zwar nicht minder stereotyp angelegt als seine kecken Prostituierten und Marias sizilianische Schwiegereltern, am Ende aber noch der charismatischste Kopf in einem Krimi, der zwar pures Feiertagsfeeling versprüht, aber von Beginn an merkwürdig unrund wirkt. Der vielkritisierte Klamaukanteil in Melinda und Eine Handvoll Paradies wurde zwar bereits in Adams Alptraum auf ein erfreuliches Maß zurückgeschraubt, ein klares Konzept ist nun aber nicht mehr zu erkennen.

Der vierte Tatort mit Jens Stellbrink (Devid Striesow) und Lisa Marx (Elisabeth Brück) gestaltet sich wechselhaft: selten fesselnd, hier witzig, da ernst, meist seicht, oft überraschend, auf jeden Fall originell, unter dem Strich aber alles andere als homogen – Weihnachtsgeld ist weder Fisch, noch Fleisch. Das Einbinden der Weihnachtsgeschichte funktioniert dabei noch am besten, und wann wäre ein besserer Zeitpunkt für solch ausgefallene Spielereien als am 2. Weihnachtstag?

Wenn dann noch Last Christmas und vertrauter Kirchenchorgesang in Endlosschleife dudeln, stellen sich binnen Minuten gemütliche Weihnachtsgefühle ein. Wer am 26. Dezember allerdings nichts (mehr) für Kerzenschein und Glühwein übrig hat, kommt nur bedingt auf seine Kosten: Spannung will keine aufkommen, und einen einheitlichen Erzählton sucht Regisseur Zoltan Spirandelli (Grabenkämpfe) bis zum Schluss vergeblich.

Anders als beim ähnlich humorlastigen Tatort aus Münster wirken die Figuren zudem nicht aufeinander abgestimmt: Während die einmal mehr blasse Hauptkommissarin Marx und die gewohnt unterkühlt agierende Staatsanwältin Nicole Dubois (Sandra Steinbach) zum Lachen in den Keller gehen, macht Spurensicherungsleiter Horst Jordan (Hartmut Volle) vor allem durch seinen anstrengenden Übereifer auf sich aufmerksam. Stellbrink hingegen fehlt es an einem Gegenpol: Der überzeugte Rollerfahrer gibt zwar den einen oder anderen amüsanten One-Liner zum Besten, muss aber nach wie vor gegen das Witzfigürliche ankämpfen.

Am Ende wirkt auch die Geschichte überfrachtet: Die Jagd auf den Taschendieb scheint einzig dem Zeigen der hübschen Weihnachtskulisse zu dienen, und als sich der Mord- und Fahrerfluchtfall auf der Zielgeraden noch zum Familiendrama wandelt, ist das des gut Gemeinten einfach zu viel. Am ehesten positiv in Erinnerung bleibt da noch Stellbrinks schüchterner Besuch in Königs Bordell, in dem standesgemäß bunte Penis-Anhänger am Tannenbaum baumeln.

Bewertung: 4/10

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