Das goldene Band

Folge: 854 | 16. Dezember 2012 | Sender: NDR | Regie: Franziska Meletzky
Bild: NDR/Gordon Muehle
So war der Tatort:

Halb-doppelt, zum Zweiten. 

Eine Woche nach der Erstausstrahlung von Wegwerfmädchen schickt Das Erste Teil 2 des in der Tatort-Geschichte bis dato einmaligen Zweiteilers hinterher – und Hauptkommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) in die weißrussische Provinz. 

Das goldene Band spielt sechs Wochen nach den Ereignissen in Wegwerfmädchen und hievt den Fall erwartungsgemäß auf eine internationale Ebene: War es im ersten Teil noch der Mörder, den es zu finden galt, macht sich die Kommissarin nun gemeinsam mit ihrer Kollegin Carla Prinz (Alessija Lause) und ihrem Lover Jan Liebermann (Benjamin Sadler) auf die Suche nach den Hintermännern. 

Auch bei Lindholms 21. Einsatz gilt dabei Tatort-Regel Nr. 1: Am Anfang steht die Leiche, und deswegen ist der Knast-Aufenthalt von Hunnen-Killer Littchen (René Schwittay) nur von kurzer Dauer. Dass dieser Auftragsmord schon bald keine Rolle mehr spielt, liegt auch daran, dass Hunnen-Präsident und Auftraggeber Uwe Koschnik (Robert Gallinowski) trotz seiner weitreichenden Verstrickungen in die illegalen Machenschaften der Hannoverander High Society schnell aus dem Blickfeld gerät und in Das goldene Band nur Randfigur bleibt. 

Pünktlich zum großen Finale gesteht er aber dann noch fix das, was Lindholm hören will, weil die Kommissarin genüsslich Kondensmilch über seine heilige Hunnenkutte kippt und bei der Rotlichtgröße damit einen mittelschweren Tobsuchtsanfall provoziert. Klingt unglaubwürdig? Ist es auch: Angeblich versucht die Justiz schließlich seit Jahren vergeblich, den gewieften Koschnik festzunageln. Ein wenig mehr Selbstbeherrschung hätte dem Bilderbuchbiker gut zu Gesicht gestanden.

Auch sonst reihen Regisseurin Franziska Meletzky (Zwischen den Ohren) und Drehbuchautor Stefan Dähnert (Schlaraffenland), die den Zweiteiler in enger Absprache mit Maria Furtwängler konzipierten, vor allem im letzten Krimidrittel einige Ungereimtheiten aneinander: Erst verordnet Lindholm-Chef Bitomsky (Torsten Michaelis) seiner Ermittlerin Zwangsurlaub, nimmt aber schon wenige Stunden später all ihre Rechtsverstöße wie selbstverständlich auf seine Kappe. 

Lindholm fliegt mal eben auf eigene Faust in die weißrussische Pampa und kann von Glück sagen, dass ihr dort Lover Liebermann zuhilfe kommt, der sich zufällig gerade im selben, mit drei Dutzend Gästen vollgepackten Haus aufhält, in das man Lindholm zur möglichst geräuschlosen Exekution bringt, statt sie einfach in einem Waldstück in der Einöde abzuknallen. 

Auch die Überführung des Sohnes von Wegwerfmädchen Larissa Pantschuk (Emilia Schüle) nach Deutschland ist für die zwei Liebenden, deren Beziehung nach dem 854. Tatort Geschichte ist, nur Formsache, weil sich der Knirps bereitwillig mitnehmen lässt und Lindholm-Sohn David, der in Das goldene Band mit soviel Dialogzeilen wie nie gesegnet ist, zum Verwechseln ähnlich sieht (oder auch nicht). Unterhaltsam ist der zweite Teil des Tatort-Zweiteilers trotzdem, weil die Liebelei mit Liebermann die Geschichte diesmal entscheidend voranbringt, statt sie wie in Wegwerfmädchen immer wieder auszubremsen.

Hier werden Erinnerungen an den herausragenden Lindholm-Tatort Atemnot wach, dessen Emotionalität und Dramatik Das goldene Band aber nie erreicht.

Bewertung: 5/10

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